Felsgestaltung mit Gips

Überlegungen zur vorbildgerechten Umsetzung von Fels

Zur Nachbildung von Fels gibt es zahllose Techniken und ebensoviele Produkte verschiedenster Zubehör-Hersteller. Man kann natürlich kucken, wie andere das machen - aber wie so oft in unserem Hobby muss das akribische Anwenden einer noch so bewährten Arbeitstechnik nicht selbstverständlich in ein überzeugendes Ergebnis münden, wenn die praktische Erfahrung fehlt. Es gibt viele Materialien, mit denen sich Fels modellieren lässt, die dann - grau grundiert, schwarz lasiert, weiß graniert - irgendwie nach Fels aussehen; doch der Geologe in mir wollte mehr - und es geht mehr.

 Wie immer muss man sich das Vorbild, wenn man es glaubhaft im Modell wiedergeben möchte, erst einmal genau ankucken; ich meine, das gilt für Vegetation oder auch Fels genauso wie für Gebäude oder Fahrzeuge.

 

Um einen bestimmten Gesteinstyp erkennbar in 1:87 wiedergeben zu können, muss man im Wesentlichen zwei Charakteristika umsetzen:
  1. Die Farbe des Gesteins und
  2. dessen Gefüge, welches einerseits das Erscheinungsbild der Bruchflächen des Gesteinskörpers bestimmt und andererseits die Orientierung des Gesteinskörpers im Raum anzeigt.

Über Korngrößen hingegen oder gar Zusammensetzung des Gesteins wird man sich für eine Verkleinerung 1:87 bei den allermeisten Gesteinssorten keine Gedanken machen müssen.


Das Vorbild - der geologische Kontext

 Die Gegend um Bad Kissingen, mithin auch das untere (fränkische) Saaletal und das von mir umgesetzte Seitental des Lollbachs liegt - geologisch gesehen - in der "Germanischen Trias", einer Abfolge von Sedimenten, die vor grob 200 bis 250 Millionen Jahren im sog. Germanischen Becken abgelagert und verfestigt wurden. Im unteren Bereich findet sich hier die Einheit des Buntsandsteins, der auch das Grundgestein im Lollbachtal bildet, und hier als rötlich brauner Sandstein mit wechselnden Anteilen an Tonmineralen auftritt; um diesen Sandstein soll es hier gehen.

 In höheren Lagen und noch in Sichtweite, aber außerhalb des Vorbild-Areals wird der Buntsandstein von den Kalksteinen des Muschelkalks überlagert. Einige Kilometer nördlich und westlich wurden diese Sedimentpakete später durch vulkanische Aktivität von aufsteigenden basaltischen Schmelzen durchschlagen. Diese Basaltschlote formen heute die Topographie der Rhön - und liefern das Material für den Schotter der Saaletalbahn.


Sandstein in Form...

Sandstein tritt als Ablagerungsgestein mit einem geschichteten Gefüge auf. Diese Schichtung ist das Ergebnis wechselnder Ablagerungszyklen mit variierenden Anteilen an Ton- und anderen Mineralen; die plättchenförmigen Tonminerale regeln sich beim Ablagern horizontal ein und zeichnen so das Schichtlagerungsgefüge. Die einzelnen Sandstein-Schichten sind hier wenige Zentimeter bis Dezimeter mächtig; weniger mächtigere Schichten zeigen sich oft anfälliger für Verwitterung und Abtragung und springen am nachgebildeten Einschnitt eher zurück, während die mächtigeren Sandsteinbänke im Felsverband eher hervortreten. Die Sandsteinschichten "streichen" im Einschnitt zufällig annähernd parallel zur Gleisachse aus und fallen leicht nach hinten ein. Das also galt es im Modell nachzubilden: Ein mehr oder weniger paralleles und über den kompletten Bereich gleich orientiertes Schichtlagerungsgefüge mit unterschiedlich mächtigen und unterschiedlich stark hervortretenden Schichten.

Blick in den Einschnitt zwischen Lollbach- und Saaletal, Blickrichtung Kissingen. Der Fels ist heute stark von allerlei Vegetation (dem natürlichen Feind des Geologen...) überwuchert; im nachgebildeten Betriebszustand in den 1920er Jahren kurz nach der Eröffnung der Strecke war der Fels noch wesentlich besser aufgeschlossen.


Zur Nachbildung des Sandsteines kam für mich von vornherein nur Gips in Frage. Gips hat eine wunderbar körnige Struktur, lässt sich - wenn man sich ein bisschen angekuckt hat, was der Gips beim Abbinden und Aushärten so macht - sehr gut ver- und bearbeiten und kolorieren und ist leicht und kostengünstig zu beschaffen. Verarbeitungshinweise gibt es beispielsweise bei Spörle https://spoerle-form.de/downloadbereich/ oder Vampisol http://vampisol.de/Philosophie - ich muss da hier nicht ins Detail gehen.

 Den Gipsbrei habe ich dickflüssig angerührt (Gipspulver ins Wasser und nicht umgekehrt), gerade so, dass er nicht mehr vom Spachtel tropft. Das Gleis wurde mit Krepp abgeklebt. Um meine Felsen im Untergrund zu verankern, habe ich mit einige große Löcher in den Dämmstoff gebohrt, den Gipsbrei da hineingedrückt und gut 2cm dick mit einem Spachtel aufgetragen, jeweils auf einer Länge von 20 bis 30 cm - größere Flächen bekomme ich nicht bearbeitet, bevor der Gips abbindet.

Die ersten Minuten, bevor der Gips anzieht, habe ich jeweils genutzt, die groben Strukturen im Gips anzulegen: größere, hervortretende Schichtpakete und Bereiche, in denen das Relief zurückspringt. Ich habe dazu nicht mehr auf Vorbildfotos gesehen, sondern mit ausladenden Bewegungen gearbeitet und das Werden eher ein bisschen dem Zufall überlassen. Für diese Arbeit hatte ich mir zuvor aus Rundholz und Draht extra Modellierschlingen, wie man sie auch im Künstlerbedarf findet, angefertigt, diese aber schnell wieder beiseite gelegt. Als perfekte Werkzeuge für diesen Job haben sich vielmehr Schnitzwerkzeuge für den Linolschnitt herausgestellt, und vermutlich taugen jedes ausrangierte Küchenmesser mit spitzer Klinge oder ein Stechbeitel ebensogut.

 

Nach einigen Minuten hat der Gips soweit angezogen, dass abgeschabtes Material nicht mehr als formloser Schlonz vom Messer fällt, sondern als Stücke, die sich auf Druck noch plastisch verformen lassen, sonst aber ihre Form beibehalten. Nun beginnt die Phase im Abbindeprozess, in der der Gips seine Stärken für den Felsbauer voll ausspielen kann: Die Oberfläche kann ohne Kraftaufwand bearbeitet werden, und es lassen sich echte Bruchflächen erzeugen, wenn man das Werkzeug wie einen Meisel einsetzt. Es ist oft nicht so genau vorhersehbar, wie das Material bricht, und so entsteht fast automatisch eine natürlich wirkende Textur. Das macht großen Spaß, der aber zeitlich sehr begrenzt ist. Je härter der Gips wurde, desto mehr habe ich mich auf Detailarbeit verlegt und mit Zahnarztsonden kleine Risse und Spalten eingeritzt.

Beim Abbinden des Gipses tritt nun ein Nachteil des Materials zutage: Der Gips schwindet etwas, was zur Folge hat, dass zuvor scharf modellierte Bruchkanten etwas rund gezogen werden - für ein verwitterungsanfälliges Gestein wie den Sandstein wäre das resultierende Erscheinungsbild sogar absolut vorbildgerecht, doch ich wollte ja einen recht frischen Anbruch haben und musste entsprechend nacharbeiten.

eine fertig geschnitzte Sandstein-Wand


...und Farbe

Für die Farbgebung des Sandsteins verwendete ich Künstleraquarellfarben. Den richtigen Farbton von einem Foto abzunehmen schien mir zu fehlerbehaftet, doch da ich zu Hause im Süden Freiburgs zufällig auch auf dem Buntsandstein sitze, lag es nahe, in der Umgebung ein paar frische Handstücke zu besorgen (der Geologe macht das nun mal so) und als Farbmuster neben ein Blatt Papier zu legen. Nachdem der richtige Farbton getroffen war, pinselte die gesamte Felswand großzügig ein, wobei der Farbton durchaus nuancieren durfte. Der stark saugende Gips zieht die wässrige Farbe in die Ritzen, sodass sich ganz automatisch mehr Pigment in den Tiefen ansammelt, während vorstehende Bereiche von weniger Pigment benetzt werden, und so der Fels von ganz alleine schon eine plastische Struktur bekommt. Super Sache.

Sandsteinwand nach dem ersten Farbauftrag


 Die stark saugende Wirkung des Gipses erfordert vom Felsbauer allerdings durchaus ein wenig Übung, da der Farbauftrag nur schwer zu kontrollieren und mit Aquarellfarben - gemeinhin nicht deckend - auch nicht einfach zu korrigieren ist. Daher kann es sinnvoll sein, die Gipsfläche mit einer Grundierflüssigkeit zu versiegeln (der Meister des Landschaftsbaus  Josef Brandl etwa verwendet das Produkt Capaplex von Caparol). Allerdings wird dadurch die  eben so gelobte granulare Oberlächentextur des Gipses etwas zugesetzt und nimmt einen etwas speckigen Glanz an. Das muss der Felsliebhaber aushalten können und dann zu Acrylfarben greifen. Ein ausgezeichnetes Tutorial zur Farbgebung von Fels bietet Martin Welberg (http://www.martinwelberg.nl) auf seinem YouTube-Kanal (https://www.youtube.com/watch?v=wIGZBq9bn5o) an. Hier bin ich auch auf weitere gut gemachte Lehrvideos (und einiges an Werbung für seine eigenen, aber wirklich ausgezeichneten Produkte, die ich mittlerweile bevorzugt einsetze) gestoßen, an denen ich mich gerne orientiere bei meinem Schaffen. Leider ist es still geworden um Martin.

 

Ich arbeitete nun mit selbst gebrauten Lasuren (auf deutsch sagt man "Washes", glaube ich...) an meinem Sandgestein weiter. Ich stelle meine Lasuren aus Acrylfarben und Mundspülung (als Fließverbesserer) her, die ich mit Wasser verdünne, bis sie ausreichend durchscheinend sind. Als erstes pinselte ich die komplette Oberfläche (auch die übrige, bereits mit brauner Abtönfarbe grundierte Landschaftshaut) mit einer schwarz-umbrabraunen Brühe ein.
Der Sandstein nach der ersten Lasur


Eine zweite, leicht ins violett reichende, graubraune Lasur stellte ich etwas stärker deckend ein und bearbeitete damit vor allem Ritzen, Nischen und Spalten im Gestein;  ich probierte immer mehr Farben aus, die aber alle mehr oder weniger im Buntsandstein-Grundton blieben.

Da ja in der Natur die Färbung des Sandsteins auch nicht einheitlich ist, sondern aufgrund wechselnder Anteile an Tonmineralen, Kalk und organischer Substanz die Farbe einzelner Schichten / Bänke variiert, habe ich mit einer dritten, rotbraunen Lasur ebenfalls gezielt einzelne Bänke abgetönt. 
Der Sandstein nach 3 Lasierungen


 Mit einer vierten, ockerfarbenen Lasur bildete ich punktuell und vereinzelt Ausblühungen und verwitterungsbedingte Rekristallisate nach.

 Schließlich habe ich Kanten und hervorstehende Bereiche mit aufgehellter altrosafarbener Acrylfarbe betont. Bislang habe ich für diese gemeinhin als "granieren" (die neudeutsche Entsprechung lautet "dry brushing") bezeichnete Arbeitstechnik immer einen eher harten Borstenpinsel verwendet. Viel besser funktioniert tatsächlich ein gründlich trocken gestrichener, weicher Rundpinsel, da die weichen Pinselhaare den Kanten, über die sie gestrichen werden, nachgeben und daher das Farbpigment nicht ganz so gnadenlos auf der Oberfläche abstreifen wie harte Borstenpinsel. So kann ich den Farbauftrag wesentlich besser kontrollieren. Ich verwende einen billigen Schminkpinsel aus dem Drogeriemarkt, der den Bruchteil eines Künstlerexemplars kostet und hervorragende Dienste leistet.

Die fertig gestaltete Sandsteinwand, noch ohne Vegetation - so wie der Geologe das eigentlich haben möchte...


Fazit:

Das Versiegeln Gips von Gips erleichtert den Farbauftrag erheblich, nimmt dem Gips aber etwas von seiner körnigen und matten Oberflächentextur.

 Grundfärbung lieber eine Nuance heller als das Vorbild, und dann mit Lasuren nach und nach abtönen.

Mit unterschiedlichen Farbmischungen spielen macht Spaß, lässt das geschaffene lebendiger und organischer wirken. Zu weit vom Grundfarbton sollten sich die Lasuren aber nicht entfernen, wenn man nicht gezielt Ausblühungen, Rost o. ä. nachbilden möchte.
Granieren geht super mit weichem Pinsel, aber niemals nie nicht mit hartem Weiß, sondern dem aufgehellten Grundton.

 

Mit derselben Methode lassen sich Bruchsteinmauern gestalten, nur liegt hier das Augenmerk bei der Formgebung nicht auf dem Gefüge des in der Natur aufgeschlossenen Gesteinskörpers, sondern eben auf dem Mauerwerksverband und einer maßstäblichen Wiedergabe der Mauersteine.

 Lesen Sie hier, wie als nächster Schritt Substrat zur Gestaltung des Bodens aufgebracht wird.